„Die Tiere sind unruhig.“
(Rolf Dieter Brinkmann, Wörter Sex Schnitt.)
Eine Gruppe in dem Büro in der Kreuzberger Fabriketage pflegt Stofftiere um sich zu scharen. Nicht wenige dieser Tiere geben auf Druck oder Handzeichen Geräusche von sich. Das tun sie oft und und genau so oft strapazieren sie unsere Nerven. Trotzdem mögen wir sie. Irgendwie.
Die Geschichtenerzähler machen weiter, die Autoindustrie macht weiter, die Arbeiter machen weiter, die Regierungen machen weiter, die Rock’n’Roll-Sänger machen weiter, die Preise machen weiter, das Papier macht weiter, die Tiere und Bäume machen weiter, Tag und Nacht macht weiter, der Mond geht auf, die Sonne geht auf, die Augen gehen auf, Türen gehen auf, der Mund geht auf, man spricht, man macht Zeichen, Zeichen an den Häuserwänden, Zeichen auf der Straße, Zeichen in den Maschinen, die bewegt werden, Bewegungen in den Zimmern, durch eine Wohnung, wenn niemand außer einem selbst da ist, Wind weht altes Zeitungspapier über einen leeren grauen Parkplatz, wilde Gebüsche und Gras wachsen in den liegengelassenen Trümmergrundstücken, mitten in der Innenstadt, ein Bauzaun ist blau gestrichen, an den Bauzaun ist ein Schild genagelt, Plakate ankleben Verboten, die Plakate, Bauzäune und Verbote machen weiter, die Fahrstühle machen weiter, die Häuserwände machen weiter, die Innenstadt macht weiter, die Vorstädte machen weiter … Auch alle Fragen machen weiter, wie alle Antworten weitermachen. Der Raum macht weiter. Ich mache die Augen auf und sehe auf ein weißes Stück Papier.
Hinter der Musik,
totes Kapital.
Warten auf den Kick,
bring das Ding nochmal.
(Jochen Distelmeyer)
Wer kennt das nicht? Man setzt sich ins Café und erfreut sich am Espresso. Frisch gemahlene Bohnen, professionelle Zubereitung mit der großen glänzenden Handhebelmaschine, die dickwändige Tasse ist vorgeheizt und die Crema perfekt. Doch plötzlich ertönt aus den Lautsprechern sogenannte Musik und man fragt sich, wieso nicht alles so gut sein kann wie Kaffee, und warum – wo es doch mittlerweile für jegliche Petitesse professonelle Unterstützung gibt – keine Kaffeehausmusikberater zur Stelle sind. Mit Blick hierauf ein offener Brief von mir:
Liebe Gastronomen,
folgende Langspielplatten wollen wir in Euren Räumlichkeiten nie wieder hören:
Yann Tiersen – Die fabelhafte Amélie [OST] (in französischen Cafés.)
Buena Vista Social Club – Buena Vista Social Club [OST] (in kubanischen Bars)
Peter Fox – Stadtaffe (in Berlin – und in der Provinz)
Nouvelle Vague – Nouvelle Vague (in „Lounges“)
Norah Jones – Norah Jones (in Jazz-Cafés)
Jack Johnson – Jack Johnson (in künstlichen Strandbars)
Diverse – Sommer vorm Balkon [OST] (in Prenzlauer Berg und Städten mit Schlagermove)
Wir sind Helden – Die Reklamation (und alle anderen Platten, überall)
Paul Kalkbrenner – Berlin Calling [OST] (in Cafés von psychiatrischen Kliniken)
„Das ist eine sizilianische Botschaft. Sie bedeutet:
Luca Brasi schläft jetzt bei den Fischen.“ (Der Pate)
Gekitzelt von den ersten Sonnenstrahlen erwacht man, lange bevor der Wecker ertönt. Neben einem im Bett liegt etwas Totes und man denkt sofort an die Mafia. Es ist nur eine Fliege. Sodann ekelt man sich vor dem Insekt und grämt sich ob der Erkenntnis, dass die eigene Existenz für einen Pferdekopf nicht bedeutend genug sein könnte.
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