Plötzlich wacht man auf und es ist schon wieder Valentinstag. Man kann nicht jedes Jahr einen Wurstbrief erhalten, denke ich, und hinterlasse im Twitteraturkritikblog ein paar flüchtige Zeilen über Fesselspiele und Kopflosigkeiten.
Das Internet gibt nicht viel her heute: Das Stimmungsbild in diesem Twitter schwankt zwischen Zynismus und Resignation, die Blogs schweigen sich aus (lediglich auf fnart.org finden sich ein paar ganz okaye Gedanken über den Zusammenhang von Sex und Liebe) und Flickr preist Herzchen auf Lebensmitteln an.
Meine Damen und Herren, zur Abwechslung etwas Erfreuliches: Das Meer. Ja ja, werden Sie jetzt sicher sofort sagen, und fragen, was daran erfreulich sein soll. Sie werden auf all die ertrunkenen Seeleute hinweisen, die bei rauer See am Kap der guten Hoffnung ihr Leben ließen, und auf Piraterie, die Wilhelm Gustloff und auf all die sich selbst überschätzenden Freizeitschwimmer, die auch von den vollbusigsten Baywatch-Retterinnen nicht mehr ins Leben zurückgeholt werden konnten. Vielleicht kommen Sie jetzt auch mit Offiziersanwärterinnen, die von der Takelage eines Segelschulschiffs fielen. Und obwohl sie das Wort „Takelage“ bis vor ein paar Wochen noch gar nicht kannten, werden Sie fragen, was an all dem erfreulich sein soll.
Wir schieben das – wie all die anderen unerfreulichen Dinge – einfach beseite. Obgleich ich nur ungern verreise, war ich zeitlebens immer gern am Meer. Für mich ist es nicht das Eintauchen ins Wasser, das den Reiz ausmacht. Darauf verzichte ich gern. Es sind der Blick in die Ferne, die endlose Weite, die gute Luft und das Rauschen der Wellen, die mich beglücken. – Am liebsten habe ich Spaziergänge am Meer im Herbst oder Winter, wenn es so richtig stürmt.
Aber auch im Sommer kann es am Meer einladend sein: Es ist Mitte August und die Sonne scheint. Zum ersten Mal in ihrem Leben ist sie an der Nordsee. Natürlich möchte sie ins Wasser, hat aber keinen Badeanzug dabei. Im Drogeriemarkt des Ortes erwerben wir zu einem überhöhten Preis den schrillfarbigsten Bikini, den die Welt je gesehen, und ein Handtuch von einer Häßlichkeit, dass nicht einmal Touristen an mallorquinischen Swimmingpools es wagten, mit einem solchen Liegestühle zu blockieren. Aber das ist egal, denn es geht um das Gefühl, einmal, wenn auch nur für einen kurzen Moment, im Meer zu baden. Sie genießt es. Ich sitze am Strand und es ist schön, ihr dabei zuzuschauen. Ein frischer Wind weht mir um die Nase und trotzdem ist es angenehm warm. In trinke einen Schluck Bier aus der Flasche und in meinem Kopf summt Charles Trénet „La mer“.
War die Hoffnung blind,
die nur den Morgen, nicht das Grauen sah?
Mein liebes Kind,
ich bin die Bühne nur und nicht das Drama,
ich bin nicht wirklich die Gefahr.
Gern sitze ich in den Rängen einer Sprechbühne, um die dargestellte Kunst von oben zu betrachten. Seitdem ich zumeist in Berlin weile, habe ich jedoch keinen Fuß mehr in ein Theater gesetzt. Das ist bedauerlich.
Was Bedeutung für das größtmögliche Theatervergnügen hat:
1. Akt: Gezeigt werden bevorzugt Umsetzungen von Romanen oder moderne Autorenstücke, in denen es um Naturwissenschaften geht: Mathematik oder Quantenphysik.
2. Akt: Die Anmutung des Bühnenbildes muss reduziert sein. Dies ist nicht dem Sparzwang des Hauses geschuldet – Kunst ist, wenn man nichts mehr weglassen kann.
3. Akt: Egal, was gespielt wird – Hauptsache die Schauspieler stehen nackt auf der Bühne und schreien.
„In zweifelhaften Fällen entscheide
man sich für das Richtige.“
(Karl Kraus)
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass zu viele Optionen den Menschen unglücklich machen. Schlimmer ist es indes, allein am Frühstückstisch zu sitzen, und lediglich die Wahl zwischen einer Nürnberger-Weihnachtsmarkts-Tasse und einer Diddl-Maus-Horoskop-Tasse zu haben. In diesen Momenten ahnt man, dass Pest und Cholera gar nicht so schlecht sind.
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