Eine Bahnfahrt, die ist nicht immer lustig

Koffer

Eigentlich fahre ich gern mit der Bahn. Natürlich gibt es viele Gründe, die dagegen sprechen, aber auch einige dafür. Für meine unregelmäßigen Fahrten in die schleswig-holsteinische Provinzheimat haben sich in der letzten Zeit die Züge der privaten Nord-Ostsee-Bahn (NOB) als respektable Alternative zur bimmelnden und meist bummelnden Regionalbahn des Großkonzerns mit Börsenambitionen herausgestellt. Die Züge sind moderner und aufgeräumt, man kann eine Fahrkarte im Zug nachlösen, ohne dabei an den Schwarzfahrerpranger gestellt zu werden, und der Service ist freundlicher. Letzeres dachte ich zumindest bis Sonntag, als ich den Dialog zwischen einer mit diversen Koffern und Taschen bepackten älteren Damen und einem Zugbegleiter der NOB, ich möchte ihn im Verlauf des weiteren Textes einfach Schaffner nennen, direkt neben mir mitbekam.

Schaffner (leicht sauertöpfisch): „Wohin fahren Sie?“
Dame: „Ich fahre bis Sylt.“
Schaffner (grantig, mürrisch und missmutig): „Solange kann der Koffer nicht hier stehen bleiben. Der versperrt den Weg.“
[Anm. Einer ihrer Koffer stand im Gang, parallel zum Sitz.]
Dame: „Ich kann den Koffer aber nicht auf die Ablage heben, der ist zu schwer.“
Schaffner (unwirsch): „Dann schieben sie ihn unter den Sitz. Der Koffer muss da weg.“
Dame: „Der Koffer passt aber nicht unter den Sitz.“
[Anm. Der Koffer war wirklich viel zu groß, um ihn unter dem Sitz zu verstauen.]
Schaffner (verdrießlich): „Egal, der Weg muss frei sein.“

… sprach der Schaffner und verschwand in seinem Dienstabteil, um mit Engelszungen und freundlichster Stimme die Fahrgäste auf dem Weg nach Westerland zu begrüßen, die Vorzüge der Nord-Ostsee-Bahn zu preisen und die Angebote des Cateringwagens anzukündigen. Warum dieser Schaffner der Dame nicht half, den Koffer auf die Ablage zu heben, bleibt mir ein Rätsel. Ich stellte den Koffer hinauf; der Schaffner hätte es in der Zeit, die er mit der Diskussion verbrachte, sicher fünf Mal geschafft. Unmöglich, das.

Noch mehr Bahnspaß gibt es bei Bedarf hier.

Warteschlangengeschichten Teil 8

Warteschlange

Manche Redewendungen sind so abgedroschen, dass ich sie einfach nicht mehr hören will. Wenn ich schon an sie denke, rollen sich mir abwechselnd die Fußnägel auf, gehe ich in die Luft, platzt mir der Kragen, geht mir das Messer in der Tasche auf und mir geht der Hut hoch. Zu Tode geärgert habe ich mich jedoch bislang noch nicht.

Heute allerdings war ich – wie man so schön sagt – auf der Post und musste mich wie üblich, um mein Anliegen dem zuständigen Schalterbeamten vortragen zu können, zunächst in die serielle Warteschlange einreihen. Abwechselnd waren alle, manchmal aber auch gar kein Schalter mit Mitarbeitern des globalen Briefdienstleisters besetzt. Auf mein Vorankommen in der Warteschlange hatte dies jedoch keinerlei Auswirkungen. Fast 20 Minuten blieb ich auf derselben Stelle stehen. Da bekommt das Wort Standbriefkasten doch eine ganz neue Bedeutung.

Ich sage es nur ungern, aber das ist eindeutig: Nicht vergnügungssteuerpflichtig.

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Hier gibt es weitere Warteschlangengeschichten.

Optikerbrille

Optikerbrille

Brillen sind an sich eine gute Sache. Helfen sie dem Sehschwachen nicht nur, seine Fehlsichtigkeit zu korrigieren und so seine Lebensqualität nachhaltig zu erhöhen, sondern können zudem auch als modisches Accessoire die Persönlichkeit ihres Trägers vorteilhaft unterstreichen. Dies natürlich nur, so der Träger auch nur den Ansatz einer Persönlichkeit besitzt. Ohne näher in die Psychologie der Wahl der künstlichen Sehhilfen einsteigen zu wollen, sei an dieser Stelle kurz angemerkt, dass es sicher einen Grund hat, dass Guido Westerwelle, seines Zeichens Vorsitzender einer sich selbst als liberal bezeichnenden Partei, seit Jahren ausschließlich konturlosen Modelle bevorzugt.

Das exakte Gegenteil des blau-gelben Parteivorsitzenden ist, möglicherweise nicht unbedingt hinsichtlich der Vorstellungen von einer gelungenen Unternehmenssteuerreform, sondern eher brillenmodisch betrachtet, der selbständige Optikermeister.

Warteschlangengeschichten Teil 6

flickr: Wochenmarktstand

In der Warteschlange vor dem mobilen Verkaufsstand einer Hamburger Biobäckerei geht es leider nur mühsam voran. Die Verkäuferin ist wie immer etwas zu übereifrig und noch lange, bevor ich die Gelgenheit habe, meine Müslistange und ein Dinkelbrötchen zu bestellen, weiß ich, welcher Dialog so genau Wort für Wort gleich nach dem freundlichen Begrüßungsprozedere folgen wird:

Ich: „Eine Müslistange und ein Dinkelbrötchen, bitte.“
Verkäuferin: „Und worauf haben Sie noch Appetit?“
Ich: „Da gäbe es sicher eine ganze Menge, aber ich bleibe bei meiner Bestellung.“

Passend reiche ich das abgezählte Münzgeld über den Bedienungstresen und dann stellt sie mit größtmöglicher Selbstverständlichkeit die nächste Frage, bei der mir jedesmal Nackenhaare wachsen, um sich sogleich senkrecht aufzustellen.

Verkäuferin: „Brot haben Sie noch zuhause?“

Von diesem Dialog gibt es keinerlei Abweichung. Wer dies nicht glauben kann, sollte einmal an einem Donnerstag auf dem Wochenmarkt am Hamburger Schulterblatt oder an einem Freitag in Ottensen versuchen, kein Brot zu erwerben. Ich kaufe gern ein und lasse mir auch gern etwas verkaufen, aber diese penetrante Art der Suggestivfragerei bringt mich auf die Palme.

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