Umckaloabo

Umckaloabo

Wenn ich bislang an Urlaub gedacht habe, dann habe ich an Sonne, Strand, Palmen, aufregende Städte oder von mir aus auch an Island gedacht. All dies sind eher teurere Vergnügungen.

Sollte ich demnächst eine Auszeit von meinem Alltag benötigen, wird mich mein Weg nicht ins nächste Reisebüro, sondern in die Apotheke meines Vertrauens führen: 20 Gramm des Auszugs aus Pelargonium-sidoides-Wurzeln sind bereits für bescheidene 9,- Euro zu haben. Wenn ich künftig an Urlaub denke, denke ich an Umckaloabo. Viele schwören ja darauf.

Wedding

Ein Schlauch, ein Kleinkraftrad, ein Hinterhof, zwei Bauwagen — Wedding. „Der Wedding“, wie der Berliner zu sagen pflegt. Ein Ortsteil im Bezirk Mitte von Berlin; zentral gelegen und dennoch unspektakulär.

Meine Wedding Nights: schlaflos, aber trotzdem einsam.

Mehr Bilder hier und dort.

Busqual

Bahnfahren ist teuer geworden. Eine Fahrkarte für die Strecke Hamburg-Berlin kostet – zumindest für Spontanreisende –  mittlerweile so viel wie die Kerosinfüllung eines Jumbojets. Daher habe ich mich kürzlich dazu entschlossen, aus Budgetgründen den Linienbus vorzuziehen. Immerzu ist die Rede davon, dass Reisen bildet. Dass Reisen auch quälen kann, sagt einem niemand.

Der Fahrer begrüßt die Reisenden mit nuscheligem Ostblockakzent. Dann die erste Kurve, es schaukelt. Keine Stewardessen weisen einem den Weg zum Notausgang, das Fahrwerk ist butterweich. Bei jeder Lenkbewegung droht der Doppeldecker umzukippen. Ich warte darauf, dass Sauerstoffmasken aus der Decke fallen, aber nichts passiert. Wann der Bus wohl zuletzt gewartet wurde? Den Nothammer an meinem Platz hat auch irgendjemand geklaut. Dabei hätte ich ihn so dringend benötigt.

Vor mir beginnt ein sehr dicker Mann zu schnarchen. Er ist so dick, dass in seiner Nackenfalte leicht zwei Eichhörnchen Platz hätten. Er legt sich quer über zwei Sitze und beginnt mit seinem Sägewerksimitationstraining und gerät dabei mächtig ins Schwitzen. Er sägt und stinkt und sägt und stinkt und sägt und stinkt. Ich sehe mich um: alle Mitreisenden haben offensichtlich einen Koffer in Berlin – vermutlich ihren einzigen, denn die meisten hier tragen als einziges Gepäckstück eine Plastiktüte bei sich.

Hinter mir sitzt eine bislang unentdeckte Art des siamesischen Zwillings: Zwei Teenagermädchen, die durch einen gemeinsamen weißen Musikspielerkopfhörer unzertrennlich miteinander verbunden sind. Das andere Ohr ist jeweils frei, um sich mit der Zwillingsschwester lautstark – schließlich muss das Kopfhörergeräusch kompensiert werden – über den neuesten Jungsgruppenkram, Urlaubspläne und Techtelmechtel zu unterhalten.

Neben mir packt eine dicke Frau, die noch so dick werden will wie der Mann vor mir, ein Wurstbrot aus: natürlich Leberwurst. Das Brot stinkt auch, die Frau schmatzt. Sie bietet mir ein Wurstbrot an, ich lehne dankend ab.

Mir wird schlecht. Ich schreie: „Ich bin Busreisender – holt mich hier raus!“ Nach dreieinhalb Stunden ist der Albtraum vorbei, die vermeintlich billige Bustour habe ich teuer bezahlt. Das nächste Mal fahre ich wieder mit der Bahn.

Winterfrische auf Rügen – Teil 2

Haus des Gastes

Am zweiten Tag schneit es noch immer, sogar noch mehr als gestern. „Das ewige Auf- und Ablaufen am Strand macht einen nur irre“, sage ich zu Madame. Konsequent beschließen wir also, auch einmal im Kreise zu gehen, am besten gleich organisiert. Wir überwinden uns, an einem Rundgang durch Binz teilzunehmen. Wenn schon konsequent, dann richtig: Treffpunkt 10 Uhr morgens, Kurverwaltung, die Frisur sitzt. Vor dem „Haus des Gastes“, das neben der örtlichen Kurverwaltung nach Auskunft der eigenen Internetseite auch „einen Bollerwagenverleih, einen öffentlichen Münzfernsprecher und einen Briefkasten für Urlaubspost“ bietet, hat sich bereits eine mittelgroße Rentnertraube gebildet, die ungeduldig auf den Führer (Darf man das so schreiben? Egal; Anm. d. Red.) wartet.

Durch den Ort leitet uns fachkundig Herr Boy. „Boy wie der englische Junge“, stellt sich der ältere Herr mit weißem Seemannsbart schenkelklopfend vor. Die Rentner lachen; Herr Boy teilt mit, dass er gern und besonders gern lang spricht. Ich beginne bereits, meine Konsequenz zu bereuen, und gehe in Gedanken den Strand auf und ab. Herr Boy macht seine Arbeit sehr gewissenhaft. Der Schneefall hat etwas zugenommen, und die ersten violett schimmernden Rentnerinnendauerwellen sind bereits unter der Last der Schneemassen zusammengebrochen.