Buchmesse

Einmal noch und dann kein Wort mehr über Bücher. Vorerst. Alles, was zwischen zwei Buchdeckel passt, findet sich auf dem Frankfurter Messegelände: Verlage, Agenten, Großhändler, Kleinhändler – alles dreht sich um das Geschäft. Samstag ist die Messe für das Publikum geöffnet, das aber eher stört, weil es die engen Gänge zwischen den Ständen verstopft, nach Werbekugelschreibern verlangt und am Ende der Rolltreppen grundsätzlich stehenbleibt.

Am Stand unseres Verlages steht eine prall gefüllte Großverpackung zur Verkaufsförderung mit unserem Buch. Noch nie habe ich gesehen, wie jemand darauf reagiert und schleiche ein wenig herum, um zu spüren, wie es sich anfühlt, wenn ein fremder Mensch das eigene Buch in der Hand hält, um in einem Interview später einmal die stets danach gestellte Frage korrekt beantworten zu können. Kurze Zeit später kommt ein älterer Herr, greift nach dem Buch, blättert darin, schüttelt seinen Kopf und legt es wieder zurück. So ist das also, wenn jemand das eigene Buch in der Hand hält, denke ich und hoffe, dass ich in einem Interview nie danach gefragt werde.

Dann lesen wir ein bißchen vor und sind froh, dass so viele Menschen gekommen sind, um uns zuzuhören, obwohl wir weder Nobelpreisträger noch Busenwunder sind oder in einem skandalumwitterten Sachbuch den Untergang des Abendlandes proklamiert haben. Wir belohnen uns mit einem miesen Messeschnitzel für 20 Euro und geben dem Literaturcafé ein Interview, in dem wir nicht danach gefragt werden, wie es sich anfühlt, wenn man jemanden betrachtet, der in dem eigenen Buch liest.

Wer sich für Bücher interessiert, sollte besser in die Buchhandlung seines Vertrauens gehen, und zwischen all den überdimensionierten Werbetragetaschen mit Verlagsborschüren, die schon morgen im Altpapier landen werden, entdecke ich im Augenwinkel doch noch eine interessante Neuerscheinung: „Vorstellung meiner Hände“, Gedichte aus dem Frühwerk Rolf Dieter Brinkmanns.

Noch einmal zurückgekehrt an den Stand unseres Verlages, bemerke ich, dass das Buch gut läuft: Nur noch ein Exemplar ist vorhanden, obwohl kein Verkauf stattfindet. Schwund. Auf Buchmessen soll die Diebstahlquote ein Indikator für den Erfolg eines Titels sein, sagen Branchenkenner.

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Nachtrag: Hier kann man unser Interview mit dem Literaturcafé auch anhören:

[podcast]http://literaturcafe.podspot.de/files/buchmesse_2010_twitterlesung.mp3[/podcast]

Hier klicken zum Herunterladen (13 Min. – 6 MB).

Photokina 2010: Verlose fünf Tickets

schön„Das eine Auge des Fotografen schaut weit geöffnet durch den Sucher,
das andere, das geschlossene, blickt in die eigene Seele.“
(Henri Cartier- Bresson)

Fotografie. Nur zufällig bin ich zu ihr gekommen. Ursprünglich wollte ich lediglich mein Weblog ein wenig illustrieren. Mittlerweile hat es sich verselbständigt. Es ist schwer geworden, auch einmal ein geeignetes Motiv vorbeiziehen zu lassen. Fast immer habe ich eine Kamera dabei. Mal eine kleine, mal eine große. Das ist egal.

Die neuesten Kameramodelle gibt es derzeit noch bis zum 26.9. in Köln auf der Photokina, der größen Fotomesse der Welt, zu bestaunen. Fotointeressierte finden dort aber nicht nur technische Neuheiten, sondern auch zahlreiche interessante Workshops mit hervorragenden Fotografen.

Unter meinen Lesern verlose ich fünf Tageskarten. Um dabei zu sein, hinterlass mir einfach einen Kommentar, mit Deinen Lieblings-Fotografie-Link und in ein, zwei Sätzen eine kurze Begründung, warum das so ist. Die Verlosung läuft bis heute 24 Uhr, der Rechtsweg ist natürlich ausgeschlossen. Die Gewinner benachrichtige ich umgehend per Mail.

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Links:

Alles immer flacher und in 3D

Internationale Funkausstellung Berlin, ich streife über das endlose Messegelände. Die Besucher reißen sich um überdimensionierte Tragetaschen der Aussteller, in denen sich zumeist nichts weiter befindet als ein Handzettel in der Größe DIN A5 und ein Werbekugelschreiber. Beutelratten. Die Currywurst kostet 5 Euro und schmeckt nach Glutamat. Das Schlimmste an Messen ist die Verpflegung. Es sei denn, man hat einen Presse- oder Fachbesucherausweis. Dann darf man schon mal bei einem Hersteller minderwertiger Plastikhardware backstage eine Brezel essen und ein Weizenbier auf’s Haus genießen. Dafür muss man aber nicht nur seine Daten am Empfangsschalter hinterlassen, sondern auch an einer Produktpräsentation teilnehmen. Ich bin im Besitz eines dafür erforderlichen Ausweises, lasse mir aber ungern stundenlang die Vorzüge einer neuen Telefonhülle erklären und so schlimm ist die überteuerte Currywurst nun auch wieder nicht.

Wohin man blickt: Weißwaren. Die meisten von ihnen sind ganz gewöhnliche Waschmaschinen oder Kühlschränke – nicht einmal  über WLAN verfügen sie. Des weiteren liegen Fernseher im Trend: wie jedes Jahr werden sie immer flacher (genau wie das Programm, das sie zeigen) und jetzt können sie sogar 3D. An einem Stand für Televisionsgeräte tanzen magere Modelle ungelenke Tänze. Dabei werden sie gefilmt und das Livebild wird auf einen dieser modernen Fernseher übertragen. Messebesucher stehen davor und tragen alberne Brillen während sie in die Geräte starren und klagen über Kopfschmerzen. Wenn es nach den Ausstellern ginge, wird es bald nur noch 3D-Bilder geben. Also genau wie vor der Erfindung des Fernsehens, nur mit Kopfschmerzen.

Eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt belegt eine eigene, sehr große Halle. Beim Betreten spürt man sofort, wie hier Rundfunkgebühren verpuffen. Hinter einem langen Tisch sitzen drei Junge Menschen, die Autogramme geben. In unregelmäßigen Abständen umarmen sie sich und lächeln in ein Blitzlichtgewitter. Sie sind beliebter als die übergroße Sendung-mit-der-Maus-Maus, die niemand fotografieren will. Vermutlich sind sie sogar ein bißchen bekannt – aus Film, Funk und Fernsehen, wie man früher so schön sagte. Ich kenne sie nicht.

eat ’n STYLE: Zwischen Sparschälern und Kobe-Rind


So schnell schält sonst keiner

„Kaufen Sie heute noch unsere Sparschäler, Sie werden keine besseren finden.“ Was hier nach Wochenmarkt klingt, waren in Wirklichkeit die ersten Worte, die ich auf der Messe eat’n STYLE, die nach eigenen Angaben „Deutschlands größter Delikatessenmarkt und ein Festival des guten Geschmacks“ sein sollte, am vergangenen Wochenende in Hamburg vernahm. Trotz überragender Schäleigenschaften hielt sich die Begeisterung des Publikums für „Gabrielas Schälblitz“ in Grenzen. Größeres Interesse hingegen galt Kochsternchen sowie Probierhäppchen- und schlückchen.

Das kulinarische Angebot war breit und reichte von Schweizer Schokolade bis zu italienischem Schinken. Sehr erfreulich war die bodenständige Currywurst, die heutzutage beim anspruchsvollen Publikum nur noch an die Frau oder an den Mann zu bringen ist, wenn „Bio“ draufsteht. Hier konnte der Wurstgourmet unter einer Vielzahl von Currymischungen wählen, die von „frisch, blumig mit leicher Vanillenote“ bis hin zu „extrem scharf“ mit drei Ausrufungszeichen reichten. Ich selbst habe mich mit der mittleren Röstung mit harmonischer Schärfe sofort anfreunden können, jedoch reichte danach das Budget nicht mehr, um auch den Burger mit Kobe-Rind zu probieren. Aber eigentlich sind die zotteligen Tiere, die ausschließlich mit Mais, Alfalfa, Gras, Gerste und Mineralien gefüttert werden, auch fast ein bißchen zu schade, um sie zwischen zwei pappigen Brötchenhälften zu verspeisen.


Genauso zart wie überschaubar: Hirschfleisch aus Neuseeland

Die selbst dem schwerpunktmäßig den Bier- und Weinständen zugewandten Messepublikum bekannten Küchenchefs von Tim Mälzer über Sarah Wiener bis hin zu Johann Lafer haben ihre Künste ausschließlich hinter einem schwarzen Vorhang vorgeführt. Da ich TV-bedingt eine vage Vorstellung davon habe, was im sogenannten „Kochtheater“ vor sich geht, habe ich den für diese Vorstellungen verlangten Eintrittspreis in Höhe von 15,- EUR gespart, um mir irgendwann auch einmal ein bis zwei Gramm Kobe-Rind leisten zu können. NDR-Chefkoch Rainer Sass hingegen haute währenddessen für die breite Masse, die sich von alkoholischen Getränken langsam der festen Nahrung zuwandte, ganz unprätentios ein paar große Stücke Fleisch in die Pfanne:


Hält nichts von Portionen, die man mit der Lupe suchen muss: Rainer Sass

Und während Alfons Schuhbeck seine groß angekündigte Autogrammstunde entfallen lässt,


Warten auf Schuhbeck. Weder er noch Godot erschienen jedoch zur angekündigten Autogrammstunde.

beweist Sarah Wiener Medienkompetenz, indem sie ihren Kollegen Rainer Sass geistesgegenwärtig in den Arm nimmt, sobald eine Kamera auf sie gerichtet ist:


Rainer Sass guckt etwas gequält, Sarah Wiener ergreift die Initiative

Insgesamt war dies schon eine etwas ungewöhnliche Mischung aus Lifestyle und Dr. Oetker, die dem interessierten Publikum geboten wurde. Wer allerdings Freude an Fernsehköchen hat und einige Runden auf der Messe gedreht hat, der hat den Gegenwert in Form von Häppchen und Schlückchen schnell wieder herausbekommen, und sich dabei noch prächtig amüsiert. Ich werde wohl im nächsten Jahr nicht mehr hingehen und stattdessen in mein erstes Stück Kobe-Rind investieren.

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Weitere Bilder von der Messe gibt es in meinem flickr-Album. Ein herzliches Dankeschön für die Eintrittskarten geht an Herrn Paulsen vom wunderbaren Foodblog NutriCulinary. Wer gern noch einen weiteren Rückblick zur Messe lesen möchte, der schaue bei Sozialgeschnatter nach.